Copyright
Dienstag, 14. August 2008 | Mecklenburg-Vorpommern
Kuder: Neuordnung der Bewährungshilfe erfolgreich
Rostock (dpa)
„Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben.“ Mit diesen Worten dämpfte
Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) gestern in Rostock Erwartungen, dass die
im Oktober 2007 eingeführte Neuordnung der Sozialen Dienste in der Justiz
Mecklenburg-Vorpommerns jeden Straftäter zu einem Mitbürger machen kann, der
vor weiteren Taten gefeit ist. Das könne selbst mit einem Verhältnis von einem
Bewährungshelfer zu einem Klienten nicht erreicht werden.
Die Rückfallquote in Mecklenburg-Vorpommern liege derzeit bei 20 Prozent,
sagte der Leiter der sozialen Dienste in Rostock, Rainer Haselhofer. Der
Nordosten liege damit im Bundesschnitt. Haselhofer zeigte sich aber sicher,
dass mit der neuen Organisationsstruktur die Quote weiter gesenkt werden kann.
Den Angaben zufolge werden in der Bewährungshilfe derzeit rund 5000 Personen
betreut, davon sind 1200 nach Jugendstrafrecht verurteilt.
Die Neuordnung der Bewährungshilfe war
eine Reaktion auf die Ermordung der 16-jährigen Carolin im Juli 2005 in der Nähe von Rostock. Täter
war ein verurteilter Sexualstraftäter, der bereits eine Woche nach seiner
Haftentlassung in dem jungen Mädchen ein neues Opfer fand. Der Mann ist
inzwischen zu lebenslänglicher Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung
verurteilt. „Die Vergangenheit hat schmerzlich gezeigt, dass verurteilte
Gefangene während und nach ihrer Haftzeit intensiver betreut, überwacht und
kontrolliert werden müssen“, stellte Kuder fest.
Der Personalschlüssel in den sozialen Diensten der Justiz, zu der neben der Bewährungshilfe die
Führungsaufsicht und die Gerichtshilfe zählen, wurde nach dem Fall Carolin
verbessert, im Oktober 2007 war das Konzept
der „Integralen Straffälligenarbeit“ umgesetzt. Wie Kuder berichtete, wurde die
Zahl der Bewährungshelfer von 60 auf 80 erhöht. Seither liege die
durchschnittliche Fallbelastung eines Bewährungshelfers bei 75, zuvor waren es
90 Klienten. „So wurden die Kontrollintervalle bei den unter Bewährung
stehenden Personen erheblich verkürzt“, erklärte Kuder. Die Frequenz liege bei
zwei Wochen, vor der Reform waren es sechs Wochen.
75 Klienten seien viel, nicht jeder könne die gleiche Aufmerksamkeit
bekommen, sagte Haselhofer. Doch in der Neuordnung der Sozialen Dienste gebe es
Kategorien, nach denen Entscheidungen über die Betreuungsintensität getroffen
werden könnten. Wichtig sei, dass die Betreuung in den ersten drei Monaten nach
der Entlassung besonders intensiv ist. Denn in dieser Zeit würden viele
rückfällig.
Für den Bundesverband der Bewährungshelfer, der DBH-Fachverband für Soziale
Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik in Köln, ist die Bewährungshilfe in MV
auf einem guten Weg. Die Sozialen Dienste seien dem Justizministerium
zugeordnet. In den anderen Bundesländern sei mit den Landgerichten noch eine
weitere Ebene eingezogen, sagte Geschäftsführer Peter Reckling. Dadurch sei
deren System schwerfälliger, es gebe viele Reibungsverluste. Auch sei die Zahl
von 75 Fällen pro Bewährungshelfer sehr gut, es gebe Bundesländer mit einem
Betreuungsschlüssel von mehr als 100:1. „Da kann man nicht effektiv arbeiten“,
sagte Reckling.